Dienstag, 9. Februar 2010

Eurocup, Alba vs. Aris Saloniki

Nach dem Besuch des Spiels letzte Woche gegen Badalona ging es heute erneut Richtung O2-World, wo heute Aris Saloniki empfangen wurde. Ohne größere Vorbereitung über das griechische Team muss diesmal das zwölf Seiten dünne Stadionheft herhalten, das Jeremy Richardson als Topscorer Salonikis ausgleicht und vom hervorragenden Backcourt-Duo Clark/Miles schreibt. Vor allem beeindruckt aber schon vor Beginn der Partie der mitgereiste Anhang Salonikis: Das erste mal, seit ich in Berlin europäischen Basketball regelmäßig verfolge, ist der Gästeblock wirklich voll und macht sich lautstark bemerkbar.

Was noch beeindruckender ist, als das Spiel angefangen hat: Andy Betts wird zwar mit einer Körpergröße von 2,16 Metern geführt, wirkt aber neben Blagota Sekulic wie ein Koloss von mindestens 2,30 Metern. Jetzt weiß ich, wovon Bill Simmons in seinem Book of Basketball redet, wenn er über imposante Erscheinungen am Spielertunnel redet. Betts wirkt jedenfalls so, als könnte er den Ball aus dem Stand dunken und schubst mit seinem massigen Körper den armen Sekulic auch im Post durch die Zone. Solange er keinen Ballverlust produziert, fürchten ein Kumpel und ich schon früh, wird er kaum am Punkten zu hindern sein, sollte er einmal anspielbereit im Lowpost warten. Dass Betts am Ende tatsächlich alle sechs Wurfversuche verwandelt, konnte man schon früh voraussehen. Meiner Erfahrung nach gibt es kaum Center dieser Masse in Europa, schon gar nicht im zweitklassigen Eurocup, weswegen Betts den Post nach Belieben dominiert. Dennoch ist er ein überraschend schwacher Verteidiger und Rebounder, was man besonders im zweiten Durchgang sieht.

Das Spiel an sich läuft recht ereignisarm ab: Alba führt schnell mit 10:3, kassiert dann einen 8:2-Lauf und von da an bleibt die Partie lange Zeit sehr eng. Keydren Clark versenkt mit dem Viertel-Buzzer zum 16:17 aus Sicht der Griechen, baut so Momentum auf und Saloniki gelingt es tatsächlich, im Laufe des zweiten Viertels auf 30:25 wegzuziehen. McElroy sorgt zwar mit einem Dreier für den Anschluss, aber zur Halbzeit liegt Alba dennoch 31:35 hinten. Was mir noch mehr Sorgen macht: Julius Jenkins wird von Hatzivrettas unglaublich stark verteidigt, wahlweise auch im Doppel mit Miles, und hat nur zwei Punkte (resultierend aus einem Fastbreak-Layup) zu Buche stehen. Halbzeit-Highlight neben einer kurzen Diskussion um Jenkins und einer eingehenden Betrachtung der griechischen Fans (Wieso hat der einen Dortmund-Schal? Wieviel Gyros hat ein mehr als beleibter Mittdreizig-Jähriger in grauem Adidas-Jogginganzug wohl schon gegessen?): Ein Halbzeitquiz, das zwei kleinen Kindern ohne jegliche Ahnung, was sie da eigentlich reden, Tickets für fünf kommende Bundesligaspiele beschert, einen langjährigen Fan und unregelmäßigen Hallenbesucher verzweifelt zurück lässt, weil er immer zuerst antworten musste und die Rotzlöffel mit "Das sagen wir auch" sich bis zur Schätzfrage retten konnten und dem Hallensprecher einen Gesichtsausdruck verleiht, als würde er jeglichen Moment komplett ausrasten (und das hätte ihm niemand verdenken können).

Wie dem auch sei, es wird ja auch noch Basketball gespielt: Alba kommt zwar offensiv recht holprig daher, spielt aber eine ausgezeichnete Verteidigung und lässt in den ersten sieben Minuten des dritten Viertels ganze vier Punkte zu. Nur zu blöd, dass Clark mit einem Dreier ins Gesicht von Wright Saloniki wieder mit 43:42 in Führung bringt, die bis zum Viertelende auf 47:44 ausgebaut wird. In der Viertelpause erinnere ich mich plötzlich an Richardson, der ja eigentlich Topscorer sein sollte. Ganze Null Punkte, nun ja. Die Freude währt nur kurz, da es um Jenkins immer noch nicht besser bestellt ist: Er hat immer noch kümmerliche zwei Punkte vorzuweisen und nimmt kaum am Spiel teil. Vielleicht wird ja das letzte Viertel besser, Pavicevic vertraut ihm jedenfalls noch. Absolutes Highlight der zweiten Spielhälfte war aber das Interview mit dem verletzten Adam Chubb vor dem letzten Viertel, live auf dem Videowürfel übertragen und hier in voller Länge wiedergegeben:

"Adam, which advice do you have for your team?"
"Stay focused, keep playing defense."
"What do you wanna say to the people in the O2-World?"
"Keep being loud."

Nicht nur mein Kumpel und ich lachen, auch Adam Chubb kann sich anschließend das Grinsen nicht verkneifen. Selbiges verging ihm aber relativ schnell, als Saloniki auf 56:48 wegzieht. Macht nichts, Wright und Dojcin bringen Alba wieder auf drei Punkte ran, während der griechische Fanblock neben mir sichtlich nervöser wird und, stilecht mit Geldscheinen wedelnd, den Schiedsrichtern schon während des dritten Viertels Bestechung vorwirft, als ein (berechtigtes) Flagrant Foul gegen Saloniki gepfiffen wird. Im Anschluss verpasst es Alba, das Spiel auszugleichen, als erst Dojcin klar und dann Jenkins denkbar knapp offene Dreier verwerfen. Falls jemand den Dreier von Jenkins sehen sollte, wird er das Entsetzen nachvollziehen können, als der Ball nach einer gefühlten Ewigkeit doch noch aus dem Ring sprang. Clark killt mit fünf Punkten in Serie und Jenkins mit einem Airball aus der Distanz jegliches Momentum und als Kakiouzis von Downtown zum 63:53 trifft, muss ich widerwillig dem griechischen Fan Recht geben, der sich am Blockrand aufbaut und in unsere Richtung übertrieben theatralisch deutlich macht, dass das Spiel vorbei ist. Wobei ich in dem Moment lieber etwas nach ihm geworfen hätte (womit wir wieder dabei wären, dass Stadionmagazine mit zwölf Seiten deutlich zu dünn sind!).

Trotzdem, drei Minuten sind ja noch zu spielen, vielleicht geht da was. Wright mit einem Pull up-Jumper, aber leider stand ein Fuß auf der Linie. Sekulic trifft einen Hakenwurf, 57:63. Auszeit. Anschließend punktet Saloniki wieder nicht, Wright zieht energisch zum Korb, wird gefoult, macht den Korbleger dennoch und die Halle explodiert, bis durchgesagt wird, dass das Foul vor dem Wurf stattgefunden hätte. Nicht, dass man die Continuation-Regel zwangsläufig so großzügig auslegen muss wie in der NBA, liebe Schiedsrichter. Aber wenn Wright da noch nicht in der Wurfbewegung war, kann man die Regel auch gleich sein lassen. Sei's drum, wieder zieht Wright zum Korb, wird diesmal tatsächlich während des Wurfes gefoult und macht beide Freiwürfe. Erneut macht Saloniki keine Punkte, erneut zieht Wright, der jetzt völlig durchdreht, in die Zone, trifft seinen Korbleger aber nicht. Offensiv-Rebound von McElroy, der einen völlig krummen Wurf per Brett reinmacht und zum zweiten Mal die Frage aufwirft, wann man eigentlich noch Bonusfreiwürfe verteilen will. Ich bilde mir immer noch ein, das Klatschen bis zu meinem Platz in der 12. Reihe gehört zu haben. Anyway, 61:63 bei noch 9,9 Sekunden. Ladies, Gentlemen, we have a game!

Clark wird gefoult, ich fluche innerlich schon, realisiere dann aber, dass Alba noch ein Foul zu geben hatte. Der zweite Einwurf wird besser verteidigt und Miles muss zu Kakiouzis passen, der vorher schon zwei Freiwürfe vergab. Die Hoffnung auf mindestens eine Verlängerung ist also berechtigt. Der erste Freiwurf driftet zwar stark nach links, findet aber mit Hilfe des Rings noch seinen Weg durch die Reuse. Der zweite sitzt perfekt, Swish. Das Spiel ist gelaufen, weshalb Wright auch gar keinen Dreier mehr nimmt, sondern einen kruden Layup versucht, der auch wieder aus dem Ring springt. Schlusssirene, 61:65, jubelnde griechische Fans, erneute Feststellung, dass Stadionmagazine niemals nur zwölf Seiten umfassen sollten und die Hoffnung, trotz der Niederlage noch mehr als einmal den Europacup besuchen zu dürfen.

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