Mittwoch, 17. Februar 2010

Neue Contender? Part 2

Wenn man in diesem Jahr die Worte Verletzungspech und NBA miteinander verbindet, stößt man unweigerlich auf Portland. Das hoch gelobte Team aus Oregon schien im Sommer mit der Verpflichtung von Point Guard Andre Miller endgültig den Sprung zu einem echten Herausforderer der Lakers gemacht zu haben. Was folgte, war unglaubliches Pech: Erst beendete ein Bänderriss die Saison von Greg Oden, kurze Zeit später fiel auch sein Backup Joel Przybilla für den Rest des Spieljahres aus. Hinzu kamen etliche kleinere oder größere Verletzungen von Brandon Roy, Rudy Fernandez, Travis Outlaw oder Nicolas Batum - allesamt feste Mitglieder der Rotation in der erfolgreichen Vorsaison. Die Frage, wie sich das Team trotz dieser Umstände noch mit einer Bilanz von 32-24 unter den besten acht Teams im Westen halten konnte, dürfte selbst in Portland mit einem Achselzucken quittiert werden. Erscheint es da vermessen, von mehr zu träumen, wenn jetzt a) Brandon Roy wieder zurückkehrt und b) mit Marcus Camby ein guter und vor allem echter Center aufläuft? Wohl eher nicht.

Der Beweggrund für den Trade dürfte mehr als klar sein: Juwan Howard hat zwar als Aushilfscenter besser gespielt, als viele gedacht haben, aber mit ihm als Starter kann man jegliche Playoff-Ambitionen begraben. Camby ist nominell der einzige Center in Portland und dürfte massig Spielzeit sehen, kommt dazu dem Team mit seiner Defensivstärke und halbwegs variablem Offensivspiel sehr entgegen. Das Rebounding dürfte sich ebenfalls deutlich verbessern und zu einer großen Stärke der Blazers werden, da man hier schon vorher im Schnitt 2,07 Boards mehr pro Partie geholt hat als der Gegner. Ich gehe nicht davon aus, dass Camby offensiv einen wesentlichen Einfluss auf das Spiel haben wird, sondern ähnlich wie Howard die Würfe nimmt, die ihm der Gegner gestattet bzw. durch Putbacks und Tip-Ins punkten wird. Aber die größte Veränderung im positiven Sinne wird man eindeutig in der Verteidigung spüren.

Sehr viel mehr lässt sich aus dem Trade aber auch die Wertschätzung erkennen, die die Blazers einigen Spielern entgegen bringen. Travis Outlaw war immerhin der letztjährige 6th Man-Runner up und galt als nicht unwichtiges Mitglied der Rotation. Scheinbar haben die Verantwortlichen in Portland aber das größere Vertrauen in Rudy Fernandez als Scorer von der Bank bzw. waren so zufrieden mit ihm, dass Outlaw entbehrlich wurde. Wenn man bedenkt, dass Nicolas Batum ebenfalls ein äußerst talentierter Small Forward ist, wäre ein Trade auf dieser Position ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen, zumal sich auf der Vier und Fünf Jeff Pendergraph und Juwan Howard als Backups etabliert haben dürften und somit diese Ausweichmöglichkeit für Outlaw (er spielte im letzten Jahr öfters auf der Vier) auch nicht mehr gegeben war. Die Blazers haben somit äußerst clever einen potentiellen Brandherd im Team entfernen können, ohne wirklich geschwächt zu werden.

Das Verschiffen von Steve Blake hat mich da doch weit mehr überrascht. Sicher, Blake ist lediglich ein durchschnittlicher Spielmacher, aber eben auch einer, der nur wenige Fehler macht und sein Ego zurückstellt,wenn ein Brandon Roy neben ihm aufläuft. Mit Andre Miller gab es gerade in dieser Hinsicht zu Saisonbeginn einige Probleme. Ein möglicher Erklärungsversuch meinerseits ist, dass die Verantwortlichen zum einen von Andre Miller im Januar (mit Recht) äußerst angetan waren, zum anderen Jarred Bayless als Option von der Bank so viele positive Eindrücke hinterließ, dass auch hier Steve Blake schlicht und ergreifend entbehrlich wurde. Den Punkt mit Bayless kann ich voll und ganz nachvollziehen, da der pfeilschnelle Guard mehr als einmal gezeigt hat, warum er nach dem Draft 2008 als absoluter Steal gesehen wurde. Mit der nahenden Rückkehr von Roy und dem damit drohenden Verlust einiger Spielminuten war ein Trade eines Guards also beinahe unausweichlich.

Dass es dann Blake traf, hat mich doch mehr überrascht. Wie gesagt, wenn man die beiden direkt miteinander vergleicht, ist Andre Miller zweifellos der bessere Spieler. Allerdings sollte es den Blazers zu denken geben, dass die starke Phase von Miller anfing, als sich Roy verletzte und es in der Zeit davor zig Probleme mit Miller gab. Noch Anfang Dezember wurde auf HoopsHype vermeldet, dass der im Sommer geholte Point Guard beinahe sicher getradet würde, sobald die Sperrfrist für das Traden von als Free Agent geholten Spielern am 15. Dezember abliefe. Widersprüche, dass eine Abgabe Millers keinen Sinn machen würde? Keine. Es entbehrt jedenfalls nicht jeglichen Risikos, Miller zusammen mit Roy im Backcourt starten zu lassen. Beide haben gerne den Ball in der Hand, beide ziehen gerne zum Korb, aber Roy kann auch aus der Distanz punkten. Zudem glänzte Miller in Philadelphia vornehmlich als Gestalter einer auf Fast Breaks ausgelegten Offense, die das Personal in Portland prinzipiell auch erlaubt, aber wohl kaum unter Coach Nate McMillan gespielt werden wird. Wozu auch, wenn sich der langsame Halbfeld-Angriff bestens bewährt hat? Hier gilt es die nächsten Wochen abzuwarten, um zu urteilen, ob eine Kombination Roy/Miller doch verträglich ist oder ob es wieder zu den bekannten Problemen kommt.

Um kurz die andere Seite des Trades zu beleuchten: Die Clippers haben ihren bislang besten Spieler der Saison abgegeben, dafür aber den händeringend gesuchten Backup für Baron Davis und den ebenso lange erwarteten Flügelspieler bekommen, der "Mr. Ineffizient" Al Thornton ersetzen kann. Finanziell macht der Trade kaum einen Unterschied, da die Verträge aller Beteiligten auslaufen (die Clippers sparen durch den Deal aber ca. 1 Million €uro Gehalt). Ob es sportlich sinnvoll ist, seinen besten Spieler für diese beiden Lücken im Kader zu opfern, mag jeder für sich beurteilen. Ich verstehe den Trade durchaus, hätte ihn aber zu einem früheren Zeitpunkt begrüßt. Mittlerweile sind die Playoff-Chancen der Clippers nur noch theoretischer Natur und das Team wird auch nur dann einen Schub kriegen, wenn Outlaw eher heute als morgen wieder spielen kann (er fehlt bereits seit Mitte November mit einem gebrochenen Fuß). zudem lässt sich aus dem Trade auch ableiten, dass die Clippers keinen Rebuild planen, da ansonsten wohl Chris Kaman getradet worden wäre (Vertrag bis 2012) und somit immer noch große Hoffnungen in Blake Griffin setzen. Auch hier ein durchaus gewagtes Spiel, dass eingegangen wird, da mit Kaman, Outlaw und Griffin der potentielle Starting-Frontcourt der kommenden Saison eine große, rote Flagge vor sich her trägt.

Aber um auch hier am Ende die Frage zu beantworten, ob Portland zu den Contendern zu zählen ist: Sie haben definitiv eine riesige Lücke im Kader geschlossen (die aber, das muss fairerweise gesagt werden, erst durch Verletzungen entstanden ist), aber das angesprochene Risiko im Backcourt bleibt. Geht es gut und spielt Miller auch neben Roy groß auf, ist den Blazers eine ganze Menge zuzutrauen. Gerade die vorher oft gescholtene Verteidigung auf den großen Positionen dürfte sich durch Camby deutlich verbessern, was in den Playoffs nicht gerade unwichtig ist. Sollte es schief gehen, kann der gesamte Spielaufbau leiden, was bei dem eher offensivschwachen Frontcourt (nur Aldridge kann sich hier regelmäßig beweisen, dazu käme Fernandez von der Bank) fatale Folgen hätte. Ich hoffe für die Blazers, dass der erste Fall eintritt, da ich dann keinen Grund sehe, warum sie nicht zu den Mavericks, Nuggets und Spurs aufschließen können.

Keine Kommentare: