Der bedeutendste und medienwirksamste Trade, der sich am Tag der Deadline vollzog, war sicherlich der Spielertausch zwischen den Houston Rockets, Sacramento Kings und New York Knicks. Umso schöner ist die Tatsache, dass jeder glücklich aus diesem Trade herausgehen dürfte: Houston kann noch einmal eine zweite Luft im Playoff-Rennen kriegen, New York und Sacramento haben sich kurzfristig und perspektivisch ebenfalls nicht verschlechtert. Das vorweggenommene Fazit wird aus jeder Perspektive erläutert.
Houston Rockets
Wenn man sich Spiele der Raketen in diesem Jahr angesehen hat, fielen mehrere Dinge auf: Ein viel schnelleres Spiel als in den Vorjahren, ein fehlender Center und kein konstanter Perimeter-Scorer oder Spot Up-Shooter. Die Texaner spielten zwar bisher eine Saison, die ihnen so von kaum jemandem zugetraut worden wäre, aber ein Abwärtstrend im neuen Jahr lässt sich dennoch nicht verleugnen. Nun ist bekannt, dass Houstons GM Morey als einer der besseren seiner Zunft gilt, aber was er aus dem Tradechip McGrady gemacht hat, ist eigentlich schon mehr als das Maximum. Der Abgang von Carl Landry wird sicher schmerzen, da der Power Forward neben Lowry wichtigster Bankspieler war und zudem in der Crunchtime relativ oft die Verantwortung übernahm. Dass man einen Spieler wie Kevin Martin aber nicht geschenkt kriegt, ist auch klar. Das tolle aus Houstons Sicht: martin ist die Opferung Landrys absolut wert.
Ehrlich gesagt kann ich mir kaum einen besseren Spieler für Rick Adelmans Princeton Offense vorstellen als Martin. Er braucht den Ball nicht in seiner Hand, um effektiv zu sein, sonder rennt lediglich um ein paar Screens, um dann blitzschnell den offenen Wurf zu nehmen, worauf ja dieses Offensivsystem beruht. Die weitere Grundvoraussetzung für so ein relativ komplexes System: Hohes Basketballverständnis bzw. ein Gefühl dafür, was im nächsten Moment passieren wird. Offensiv zählt Martin zu den intelligenteren Spielern der Liga, weiß instinktiv, wann ein Wurf gut ist oder wann er lieber zum Korb ziehen sollte. Dass er das kann, belegen seine zahlreichen Freiwurfversuche pro Spiel und somit schafft er auch Freiräume für Shooter wie Trevor Ariza, Aaron Brooks oder Shane Battier. Defensiv ist Martin bisher als unterdurchschnittlich aufgefallen, aber Houston hat eine Menge defensivstarker Akteure auf den Positionen Eins bis Drei (Lowry, Ariza, Battier), die die Defensivschwäche Martins auffangen können. Der Mehrwert, den Martin offensiv darstellt, ist enorm und die Lücke in der Verteidigung wird dadurch meiner Meinung nach mehr als aufgewogen. Wie gesagt, wenn sich Adelman für sein Offensivsystem einen Shooting Guard basteln könnte, würde am Ende Kevin Martin (oder Ray Allen) herauskommen.
Auch die anderen drei Spieler haben durchaus Potential, sich in der Rotation der Raketen zu etablieren. Wobei das für Hilton Armstrong eigentlich nur gilt, weil Houston aus lauter Verzweiflung wohl selbst Kareem Abdul-Jabbar in seinem jetzigen Alter aufstellen würde, um wenigstens etwas Größe auf dem Parkett zu haben. Immerhin hat man mit David Andersen einen echten Center im Kader, der offensiv wesentlich vielseitiger als Armstrong ist, der für meinen Geschmack vor allem davon lebte, mit Chris Paul zusammenzuspielen. Jared Jeffries hingegen könnte relativ viele Minuten sehen, passt er doch von seinen Anlagen her perfekt ins Konzept der Rockets: Sehr starker Verteidiger, der die vielen kleinen Dinge macht, für die sich andere zu schade sind. Offensiv ist er zwar noch limitierter als Shane Battier, aber als athletischere Variante von Joey Dorsey kann ich mir Jeffries in der Rotation durchaus vorstellen. Jordan Hill dürfte ebenfalls die Möglichkeit kriegen, sein Können zu beweisen, da er der einzige offensiv potente Big Man ist, den die Rockets von der Bank aus bringen können. Sein Potential ist jedenfalls beachtlich und perspektivisch dürfte er Houston auf jeden Fall helfen, sollten sich die zahlreichen Scouting Reports aus College-Zeiten bewahrheiten.
Perspektivisch ist auch das Stichwort, weshalb der Trade noch wesentlich wichtiger für die Rockets werden könnte, als zunächst angenommen: Man hat das Recht, 2011 den Erstrundenpick mit dem der Knicks zu tauschen, sofern dieser nicht der erste überhaupt ist. 2012 hat man ebenfalls den Erstrundenpick der Knicks, sofern dieser nicht für einen der ersten fünf Picks berechtigt. Nun wollen wir für die Knicks nicht hoffen, dass eine der beiden Bedingungen zutrifft, sondern die Picks eher später als früher auf dem Draftboard auftauchen werden, aber ein zusätzlicher Erstrundenpick ist bei dem guten Händchen, dass Morey bei den bisherigen Drafts hatte, enorm viel wert. Hinzu kommt, dass Yao 2010/11 wohl wieder spielen wird und das wahrscheinlich auch in Houston, da ein Ziehen der Option jetzt für ihn völlig sinnlos wäre. Man stelle sich vor, dass es keine größeren Zu- und Abgänge gibt und wir reden von folgender Starting Five: Brooks, Martin, Ariza, Scola, Yao. Von der Bank Lowry, Battier, Hill, Jeffries sowie die Draftpicks, die bis dahin noch ihren Weg nach houston finden. Meiner Meinung nach redet man hier, ohne die Verletzungsanfälligkeit einzelner Akteure vernachlässigen zu wollen, von einem Contender, dessen Starting Five in der Form perfekt harmonieren würde.
New York Knicks
Wann baut man Donnie Walsh in New York das Denkmal, dass sich dieser Mann verdient hat? Der Trade mit den Rockets und Kings hat eine eineinhalb Jahre währende Periode beendet, in der Walsh den von Isiah Thomas völlig zugemüllten Salary Cap entrümpelt hat, dabei eigentlich untradebare Verträge wie die von Crawford, Jeffries oder Jerome James aus den Büchern streichen konnte, einen der beliebtesten Coaches der Liga in den MSG holte und mit Gallinari sowie Wilson Chandler zwei Spieler für die Zeit nach 2010 unter Vertrag hat, die immerhin einen kleinen Grundstock für einen möglichen Contender bilden können. Größter Verdienst ist aber zweifellos das Entsorgen zu hoch dotierter Verträge, weshalb jetzt New York mit ziemlicher Sicherheit zwei Höchstverträge anbieten kann. Selbst wenn nicht Wunschkandidat LeBron James kommt, hat Walsh einer mausetoten Franchise wieder eine Zukunft gegeben. Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass die Knicks im nächsten jahr wieder zu den Kellerkindern der Liga zählen werden.
Zum sportlichen Wert des Spielertauschs: Sergio Rodriguez hat zwei Monate Zeit zu beweisen, dass er möglicherweise der Spielgestalter ist, den d'Antoni so lange gesucht hat. Von seinen Anlagen her passt er hervorragend in das Run 'n' Gun System der Knicks, dazu hat er mit Chandler einen Abnehmer für Fastbreak Alley 'Oops. Gut möglich, dass er längere Zeit im Trikot der knicks zu sehen sein wird. Tracy McGrady dürfte alleine mit seinem Namen ein paar Reihen im MSG füllen und kann jetzt auch beweisen, dass seine Ankündigungen wahr sind, wonach er in exzellenter körperlicher Verfassung sei (was ja auch Tim Hoover behauptet). Sollte dem wirklich so sein, machen die Knicks sogar jetzt schon Spaß. Ein endgültiges Fazit über den Trade aus New Yorks Sicht lässt sich aber wohl erst im Sommer ziehen, wenn man weiß, wer mit dem Geld geholt wurde. Dass man sogar auf kurzfristigen sportlichen Erfolg hoffen darf, ist eine mehr als nette Dreingabe für die gefrusteten Knicks-Fans.
Sacramento Kings
Möglicherweise die einzige Partei, die mit dem Trade nicht vollends zufrieden sein könnte. Zwar ist auch in Kalifornien das primäre Ziel ähnlich dem in New York: Auslaufende Verträge aufnehmen, um im Sommer mindestens einen guten Free Agent zu holen. Da man nicht gerade mit der Attraktivität der Stadt werben kann, muss Sacramento sportliche Vorzüge bieten und deswegen wurde der Trade wohl auch in der Form getätigt. Man hat schnell gemerkt, dass Martin und Evans im Backcourt nicht miteinander harmonieren, was wohl an der sehr ballverliebten Spielweise von Evans liegt. Da Martin trotz seiner Verdienste um die Franchise wohl eher der Spielertyp ist, der als zweite Option in einer sehr guten Mannschaft am wertvollsten ist, während man bei Evans noch die berechtigte Hoffnung haben kann, dass sich dieser in einen echten Franchise-Spieler entwickeln könnte, ist auch die Tatsache verständlich, dass man Martin abgibt. Ob man dafür im Endeffekt aber wirklich nur Carl Landry kriegen kann, bleibt fraglich.
Landry an sich ist natürlich ein guter Spieler, der erst in diesem Jahr den ihm gebührenden Respekt gekriegt hat. Offensiv ist er sogar richtig gut, hat ein sehr breites Arsenal, um an Punkte zu kommen und knickt auch nicht ein, wenn es in die spielentscheidende Phase geht (nach LeBron James mit den meisten Punkten im letzten Viertel). Wenn solche Qualität mit einem verhältnismäßig billigen Vertrag (Teamoption für 2011 mit 3 Mio. Dollar Gehalt) garniert wird, kann man den Kings eigentlich nur gratulieren. Leider war es das dann auch schon an sportlichem Gegenwert für Sacramento, da wohl weder Joey Dorsey noch Larry Hughes eine Rolle für Sacramento spielen werden. Wieso man Houston nicht noch wenigstens eienn Erstrundenpick abgenommen hat, verstehe ich nicht. Natürlich hatte Houston die stärkere Verhandlungsposition, aber was Sacramento aus Martin gemacht hat, ist für mich trotzdem zu wenig. Immerhin ist der Trade aus Sacramentos Sicht nicht völlig verkorkst.
Was bleibt nun langfristig für die Kings übrig? Sie werden in den letzten Saisonmonaten aller Wahrscheinlichkeit nach ihren jungen Spieler wie Greene, Thompson, Casspi, Evans, Landry und Hawes jede Menge Spielzeit geben, damit sich diese entwickeln können. In Anbetracht der Tatsache, dass alle genannten sowie Andres Nocioni und Beno Udrih für das nächste Jahr gebunden sind, hat man einen sehr guten Kern, dem nur ein echter Leader fehlt. Wenn man diesen in der Free Agency findet - ich könnte mir hier Spieler vom Schlage eines Joe Johnson vorstellen -, dürfte es eher heute als morgen wieder Endrunden-Basketball in der Arco Arena zu sehen geben. Sollte es sich nicht ausgehen und die Kings auch im nächsten Jahr zu den Kellerkindern der Liga zählen, wird man sich noch schmerzlich an diesen Trade erinnern.
Samstag, 20. Februar 2010
Neue Hoffnung oder wie ein guter Trade aussieht
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