Freitag, 2. April 2010

Meisterlich

Es war zwar von Beginn der Saison an klar, dass die Orlando Magic zu den Titelfavoriten gehören; zum einen wegen der Finalteilnahme im Vorjahr, zum anderen wegen des Trades, der Vince Carter nach Florida brachte. Ich persönlich habe den letzten Umstand eigentlich immer als Grund dafür angesehen, dass Orlando eher nicht zum zweiten Mal in Folge die Finals erreichen wird: Zu schlecht in der Defense, zu unkonstant und launisch, eine zu schlechte Wurfauswahl, macht seine Teamkollegen nicht besser - die Reihe der Argumente, die man gegen die ehemalige "Air Canada" anbringen konnte, war (und ist) lang. Dennoch spielt Orlando seit Saisonbeginn in den höchsten Gefilden der Eastern Conference mit, nahm unter anderem Revanche an den Lakers und besiegte erneut die Celtics oder Cavaliers auf dem Weg zum zweitbesten Record der Conference. Und spätestens mit dem Sieg letzte Nacht bzw. mit den damit für mich verbundenen Erkenntnissen muss ich zugestehen: Orlando ist momentan für mich der Topfavorit auf den Titel.

Ursprung dieser These ist, wie sollte es anders sein, die Präsenz von Dwight Howard. Seine Freiwürfe mögen noch so selten ihr Ziel finden (wobei ich das bis heute nicht kapiere: Mal wirft er mehrere nacheinander ohne Ringberührung rein, mal muss man froh sein, wenn der Ball überhaupt den Ring berührt), er hat offensiv in dieser Saison für mich einen deutlichen Sprung gemacht. War er früher der typische Athletikfreak ohne irgendeine Möglichkeit, den Ball nicht mit einem Dunking durch die Reuse zu befördern, hat er mittlerweile ein überschaubares Arsenal an Moves aus dem Post. Ein beidhändiger Running Jump Hook sowie up and under sind zwar nichts weltbewegendes, aber sie machen sein Spiel spürbar variabler. Dazu kommt, dass er mittlerweile seine linke Hand entdeckt hat und somit die Verteidiger zusätzlich vor Probleme stellen kann. Von seiner Verteidigung muss ich eigentlich kaum reden: Nachdem er zu Beginn seines NBA-Daseins noch ein kläglicher Postverteidiger war, hat er sich da deutlich gebessert und ist ansonsten die Lebensversicherung der Magic, dass die gegnerischen Guards nicht zu oft einfache Punkte nach Pick and Rolls erzielen. Wenn er auch noch anfangen würde, die Würfe so zu blocken, dass daraus ein Ballbesitz der Magic resultiert, statt sie auf die Tribüne zu pfeffern, wäre ich beinahe wunschlos glücklich.

Wie dem auch sei, was mich wirklich optimistisch macht, was die Meisterschaftsträume angeht: Die Flügel sind defensiv mit Pietrus und Barnes sehr gut besetzt, dazu mit Carter und Reddick zwei offensive Varianten, die mit Pietrus/Barnes kombiniert werden können. Da das gesamte Team über eine hohe Spielintelligenz verfügt, kann Orlando auch die Vorteile, die dieses Lineup bietet, sehr gut nutzen: Pietrus schenkte Dallas vergangene Nacht Punkte en masse ein, als er sein Matchup gegen Terry hatte; Carter tat selbiges, als er von Kidd verteidigt wurde (wobei ich es hasse, Carter irgendeine Art von größerer Spielintelligenz zu bescheinigen!). Jedes mal, wenn der Gegner dann etwass Platz zwischen sich und einem der Orlando-Flügel lässt, um für den Drive gewappnet zu sein, wird eiskalt der Dreier genommen (und hochprozentig versenkt). Unnötig zu erwähnen, dass Howard somit mehr Platz in der Mitte kriegt, um seinen Gegenspieler vorzuführen. Kombiniert man diesen Spielstil mit der Tatsache, dass in Orlando die meisten Spieler sehr gut passen können und der Ball somit blitzschnell um den Dreierbogen zirkuliert, wenn Howard gedoppelt wird, hat man ein für meine Begriffe nahezu kaum zu verteidigendes Spielsystem. Es ist wahr, dass Orlando in starkem Maße vom Dreier abhängig ist, aber sie haben mittlerweile so viele andere Waffen, dass die Formel Orlando - Dreier = Niederlage nicht mehr unbedingt zutrifft. Und genau der Umstand sollte allen anderen Angst machen.

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