Sonntag, 28. März 2010

Experimente

Eigentlich war es schon lange vorher klar, nun ist es offiziell: Die New Orleans Hornets werden zum ersten Mal seit drei Jahren wieder die Playoffs verpassen. Aus der Traum also, mit frischem Blut in Form von Emeka Okafor nach einer durchwachsenen Saison 2008/09 an das Überraschungsjahr 2008 anzuknüpfen. Spätestens mit der Verletzung plus Operation von Chris Paul waren jegliche Hoffnungen, die Endrunde zu erreichen, ad acta gelegt. Rookie Nick Collison spielte zwar fabulös, doch er kann nicht den zur Zeit besten Point Guard dieses Planeten ersetzen. Zumal dieser bis zur Verletzung Ende Januar in absoluter Galaform war und ein Double-Double im Schnitt bei unfassbar guten Quoten auflegte und auch defensiv der Anführer seines Teams war. Nun ist Chris Paul zwar wieder zurück, aber logischerweise viel zu spät, um das Ruder noch rumzureissen.

Es lohnt sich dennoch, gerade jetzt einen Blick auf die Franchise aus Louisiana zu werfen, geht es doch darum, die Weichen für die nächste Spielzeit zu stellen. Durch den allseits bekannten Sparzwang des Teambesitzers, den sinkenden Salary Cap und dem gleichzeitig ansteigenden Teamgehalt, sollte Darius Songaila seine Option ziehen (wovon auszugehen ist), ist nämlich insgesamt damit zu rechnen, dass sich das Team der Hornets nur geringfügig verändern wird. Aus den oben genannten Gründen ist sogar eher mit der Abgabe einiger Großverdiener zu rechnen, sofern es denn willige Abnehmer gibt. Somit dürfte es also auf die gleichen Spieler ankommen, die schon dieses Jahr für New Orleans aufliefen. Eine Frage, die dabei nicht nur mich interessiert: Wie wird Darren Collison in die Rotation eingebunden, seitdem mit Chris Paul der unumstrittene Spielmacher wieder da ist?

Eine erste - kleine - Antwort gab das Spiel gegen die Blazers gestern Nacht (die beiden vorherigen Spiele der Hornets konnte ich nicht sehen) und siehe da: Wenn Collison auf dem Parkett steht, agiert Chris Paul sehr viel mehr ohne Ball. Das mag insofern logisch sein, als dass Paul der im Vergleich zu Collison wesentlich bessere Shooter ist und somit ein besserer Verwerter von Kick-Outs. Andererseits geht dadurch natürlich auch eine der großen Stärken der Hornets verloren, da es Paul mit seiner herausragenden Spielübersicht versteht, Schützen in der anderen Ecke des Halfcourts zu sehen und zu bedienen. Mit anderen Worten: Der Wert eines Morris Peterson oder Peja Stojakovic ist für mich nicht mehr ganz so hoch, wenn Collison vermehrt den Ballvortrag übernimmt. Zudem sehe ich in Collison auch durchaus Potential, ohne den Ball zu agieren: Pässe von Paul kann er immer noch fangen, um dann zum Korb zu ziehen oder aus der Mitteldistanz den Abschluss zu suchen. Der Dreier sitzt zwar auch halbwegs verlässlich, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Collison ihn nur sehr, sehr ungern nimmt. Wie auch immer: Allein das Interesse, wie diese Problematik gelöst wird, wird mich noch zu dem einen oder anderen Hornets-Spiel in dieser Saison führen.

Die andere Frage, die sich bei mir stellt: Kann Marcus Thornton seine jetzige Chance in der Starting Five nutzen, um sich seinen Platz zu sichern? Das Spiel gegen Portland verneint diese Frage eher, aber die 24 PPG in den beiden Partien zuvor sprechen doch eine andere Sprache. Im Grunde dürfte sich die Frage nicht stellen, da er aus meiner Sicht der zweifellos talentierteste aller Bewerber um den Platz als Shooting Guard ist. Morris Peterson kann gegen Thornton nicht das Dreierargument spielen, dazu ist Thornton in der Offensive auch noch deutlich variabler, sprich: Mit mehr Zug zum Korb ausgestattet oder mit dem größeren Verständnis, Screens auszunutzen (in der langsamen Offense der Hornets ist das aus meiner Sicht essentiell). Defensiv nimmt er sich dagegen nicht viel gegenüber den anderen Bewerbern: Sowohl Thornton als auch Peterson oder Stojakovic sind hier unterer Durchschnitt, wenn überhaupt. Julian Wright und James Posey vermochten diesen umstand aber aufgrund ihres Seuchenjahres auch nicht zu nutzen, weshalb ich inständig hoffe, dass Thornton ab dem nächsten Jahr regelmäßig startet.

Gespannt bin ich auch darauf, wie die Hornets ihren doch recht guten Draftpick nutzen werden. Ausgehend davon, dass einer der beiden auslaufenden Verträge mit Marks und Gray verlängert wird: Es wäre wohl keine schlechte Idee, sich einen Flügel mit starker Defensive zu holen, falls es denn jemanden gibt. Xavier Henry ist mit der einzige SG/SF, der in den Mocks in der Region des 12. Picks gelistet wird, machte aber defensiv auf mich keinen herausragenden Eindruck. Fakt ist nur, dass hier etwas passieren muss, weil die Hornets regelmäßig von den gegnerischen Swingmen erledigt werden. Ich würde nicht darauf bauen, dass entweder Posey, der doch in die Jahre gekommen ist, oder Wright, dessen Chance wohl selten größer war als in diesem Jahr, urplötzlich eine extreme Leistungssteigerung hinlegen. Und so gerne ich mir die Hornets auch ansehen mag: Ohne Perimeterverteidiger ist man in der NBA verloren. Chris Paul ist zu klein, um Zweier oder Dreier effektiv zu verteidigen, weshalb hier der wohl dringendste Handlungsbedarf besteht. Denn ansonsten, sollten die Eckpfeiler des Teams zusammenbleiben, kann es im nächsten Jahr doch wieder rosig aussehen in "The Big Easy". Und das sollte es besser auch, wenn man Chris Paul davon überzeugen will, seinen Vertrag bei den Hornets zu verlängern.

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