Donnerstag, 18. März 2010

Kanonenfutter

Was anderes fällt mir momentan kaum ein, wenn ich einen Gedanken an die Toronto Raptors in den Playoffs verliere. Natürlich ist es leicht, dass nach einer Negativserie zu schreiben, die die Kanadier vom fünften auf den achten Platz absacken ließ, aber selbst der gestrige Sieg gegen die gehandicapten, weil ohne Joe Johnson antretenden Atlanta Hawks hat mehr als deutlich gezeigt, dass dieses Team in der ersten Playoff-Runde wohl der heißeste Kandidat auf einen Sweep ist. Womit dann auch der Abschied von Chris Bosh im Sommer unvermeidlich werden dürfte - alles in allem keine rosige Zukunft, in die Toronto da blickt.

Wieso Toronto momentan so strauchelt, lässt sich eigentlich mit einem Wort beschreiben: Verteidigung. Beziehungsweise das Fehlen selbiger. Man musste schon vor der Saison kein großer Prophet sein, um zu sagen, dass ein Team mit Calderon, Turkoglu und Bargnani in der Starting Five sein Heil eher in der Offensive suchen muss. Von DeMar DeRozan habe ich mir hier eigentlich etwas mehr erhofft, aber auch er spielt alles in allem eine durchschnittliche Verteidigung. Sein Bemühen, nicht auf Pump Fakes reinzufallen und billige Fouls zu kassieren in allen Ehren, aber er darf auch mal zum Block hochgehen. Wie Maurice Evans oder Jamal Crawford gestern einfach über ihn werfen konnten im Bewusstsein, dass DeRozan am Boden bleibt, hat mich geschockt. Auch von der Bank kommen mit Jack, Weems oder Amir Johnson nicht gerade die Spieler, die jemanden völlig abmelden können. Insgesamt muss man konstatieren, dass Chris Bosh der beste Verteidiger ist, der viel Spielzeit sieht (Reggie Evans ist besser, aber spielt bestenfalls zehn Minuten) - kein gutes Zeichen.

Was aber im Defensivtorso der Raptors noch einmal besonders heraussticht, ist die komplette Unfähigkeit, den Perimeter zu verteidigen. In den letzten fünf Spielen trafen 46 von 91 Dreierversuchen gegen die Raptors ihr Ziel. Mit anderen Worten: Toronto ließ in der Zeit mehr fünfzig Prozent von der Dreierlinie zu. Und da ist noch das Lakers-Spiel eingerechnet, in dem die Lila-Gelben nur drei ihrer 15 Versuche durch die Reuse brachten. Diese Werte sind absolut katastrophal und eigentlich alleine schon ausreichend, um zu prognostizieren, dass eine Serie gegen Cleveland kein Spaß werden dürfte. Ist ja schließlich nur eines der besten Teams der Liga, wenn es um die Effektivität von jenseits des Dreierbogens geht. Dass Coach Triano gerne eine 2-3 Zonenverteidigung praktizieren lässt, nehme ich ihm angesichts der furchtbaren Individualverteidiger nicht übel. Aber ob es das wirklich sein kann, wenn man den Distanzwurf nicht verteidigen kann - und jeder Basketballfan weiß, dass eine 2-3 Zone zwangsläufig zu mehr offenen Dreiern führt -, wage ich zu bezweifeln.

So bleibt mir insgesamt nur zu sagen, dass mir Chris Bosh wirklich leid tut. Er ist zwar nicht gerade mein Lieblingsspieler und ich bin auch nicht der Meinung, dass man mit Chris Bosh als bestem Spieler jemals einen Ring holen wird (es sei denn, er entwickelt endlich mal ein Postspiel, aber davon ist nichts zu sehen), aber es ist frappierend, wie deutlich er in einem mittelmäßigen Team heraussticht. Andrea Bargnani, früher gerne mal als Nowitzki für Arme verspottet, darf mittlerweile nicht einmal mehr mit selbigen in einem Satz erwähnt werden. Dafür ist er defensiv eine viel größere Katastrophe und offensiv trennen die beiden auch Welten. José Calderon scheint es bei dem einen starken Frühjahr zu belassen, als alle seinen Durchbruch feierten. Seit nunmehr zwei Saisons wartet man aber vergeblich auf konstant starke Leistungen von ihm. Hedo Turkoglu habe ich beinahe nicht wiedererkannt und wenn er nicht den Aufbau übernimmt sowie durch Picks zu Mismatches kommt (sprich: Wenn er nicht so spielen darf wie in Orlando), sieht er plötzlich sehr limitiert aus. Die kommende Saison in Toronto, sofern sie ohne Bosh stattfindet (und ich würde es mir für ihn sogar wünschen, weil er einfach besseres verdient hat), dürfte sehr lang werden.

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